Ort: Literaturhaus Salzburg
Lesung & Gespräch
Veranstalter: prolit
Sohn ohne Vater
„Ich habe Augenrauschen. Lichtflocken verwirbeln mir die Sicht. Was hat Vater mir als Kind gesagt? Wenn du aus dem Haus geht’s, zieh die Schuhbänder fest und streich die Hose an den Knien glatt. Ich halte mich daran.“
Am Anfang des neuen Romans von Feridun Zaimoglu steht der Tod des Vaters. Der Ich-Erzähler, ein Schriftsteller aus Kiel, reist in einem Wohnmobil zum Begräbnis in die Türkei, wohin seine Eltern nach Jahrzehnten in Deutschland zurückgekehrt sind. Es ist ein abenteuerlicher, fiebriger Roadtrip über 5000 Kilometer, quer durch Europa, geprägt von flirrenden Erinnerungen an den Vater und seine vielen Leben als Ehemann, als „Arbeitstürke“, als Akkordarbeiter, Geschichtenerzähler oder schließlich als alter Mann.
„Sohn ohne Vater“ ist ein Buch der Trauer und der Frage, wie wir uns an jene erinnern, die uns am nächsten stehen und umso fremder erscheinen. Es ist zugleich der Roman einer Balkanreise, in dem sich in der überbordenden Fabulierkunst Zaimoglus reale und phantasmagorische Momente verschränken. Es ist ein Roman, der Einblick gibt in die zerrissene Existenz von Arbeitsmigrant:innen zwischen Hier und Dort und die Frage von Zugehörigkeit. Und nicht zuletzt ist es ein Roman, der unsere Gegenwart reflektiert, die Rasanz „modernen“ Lebens, in dem für Trauer und Verlust kein Platz zu sein scheint.
Feridun Zaimoglu, geboren 1964, lebt seit seinem sechsten Lebensmonat in Deutschland. Er studierte Kunst und Medizin in Kiel, wo er seitdem als Schriftsteller, Drehbuchautor und Dramatiker arbeitet. Für sein Schreiben wurde er vielfach ausgezeichnet, u.a. mit dem Walter Kempowski Preis 2025. „Sohn ohne Vater“ ist im Verlag Kiepenheuer & Witsch erschienen.