Ort: Literaturhaus Salzburg
Lesung & Gespräch
Veranstalter: prolit
Uncountry. Eine Mythologie
„Katharina die Große schreibt gern. (...) Sie beendet ein Stück nicht erst, bevor sie ein nächstes anfängt; das erste bleibt für immer unvollendet.“ Im Jahr 1794 lässt sie Odessa gründen, lässt Stadt und Hafen bauen, wo bislang Steppe war. Aus dieser Stadt wird Mimi im Jahr 1905 mit ihren Eltern vor den Judenpogromen flüchten. Ihre letzte Lebenszeit wird sie in der Anstalt verbringen, an Gedächtnisschwund leiden und sich ans Schwarze Meer denken. „Gegen Ende zeichnet Mimi Seekarten und stellt sie neben die Matrjoschkas auf die Fensterbank. (…) Wir singen Asche Asche. Ash Ash.“
In einer immer weiter sich fortsetzenden Suchbewegung erkundet Yanara Friedland in ihrem außergewöhnlichen Buch einen weiten Gedächtnisraum. Sie verwebt historisches Wissen, Erinnerung, Imagination und das in Mythen und Legenden aufbewahrte Wissen zu einer Neu-Schreibung von Geschichte.
Es ist ein nie restlos zu erschließendes Gelände, das die Autorin in den vier Büchern »Asche«, »Atem«, »Hunger« und »Zukunft« auslotet, um in immer neuen Bewegungsmustern eine zersprengte Welt sichtbar zu machen. Wir lesen von Mimi, die im Jahr 1905 vor den Judenprogromen aus Odessa flieht. Oder von dem namenlosen Deserteur, der am Ende des Zweiten Weltkriegs seine Uniform verbrennt und durch den Harz irrt. Wir begegnen der mythischen Lilith und der biblischen Esther, wir sehen Abraham, der mit dem Sohnesopfer hadert, wir erleben mit der Erzählerin das Brüssel Chantal Akermanns und wir treffen auf historische Figuren, deren Geschichte dort fortgeschrieben wird, wo die Quellen verstummen. So entsteht eine mit Worten erschaffene Landschaft der Spurensuche und Imagination, der Träume und Sehnsüchte, die jeden sichtbaren Ort mehr und mehr überlagert.